Abschiebungsdebatte: Europarat warnt vor Druck auf Justiz
Der Generalsekretär des Europarats, Alain Berset, hat Forderungen von neun EU-Staaten, darunter Österreich, nach einer Neuauslegung der Europäischen Menschenrechtskonvention im Bereich Migration zur leichteren Abschiebung von ausländischen Straftätern zurückgewiesen. „Der Gerichtshof darf nicht als Waffe eingesetzt werden – weder gegen Regierungen noch von ihnen“, teilte Berset heute in einem Statement mit.
„Debatten sind gesund, aber eine Politisierung des Gerichtshofs ist es nicht“, heißt es in dem Statement Bersets weiter. „In einer Gesellschaft, die von Rechtsstaatlichkeit geprägt ist, sollte keine Justiz unter politischen Druck geraten. Institutionen, die die Grundrechte schützen, dürfen sich nicht den politischen Zyklen beugen. Wenn sie es doch tun, riskieren wir, genau die Stabilität zu untergraben, die sie gewährleisten sollen.“
Auch Österreich fordert leichtere Ausweisung
Neun europäische Länder, darunter Österreich, haben am Donnerstag dazu aufgerufen, die Ausweisung ausländischer Straftäter zu vereinfachen. Einen entsprechenden offenen Brief auf Initiative Dänemarks und Italiens über die Neuauslegung der Europäischen Menschenrechtskonvention im Bereich Migration unterzeichnete auch Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP). „Wir sollten auf nationaler Ebene mehr Spielraum haben, um zu entscheiden, wann wir kriminelle Ausländer ausweisen“, heißt es.
Genannt werden etwa Fälle von schweren Gewaltverbrechen und Drogenkriminalität. Die Unterzeichner betonen weiters, die Staaten müssten in der Lage sein, wirksame Maßnahmen gegen feindliche Staaten zu ergreifen, die durch die Instrumentalisierung von Migranten versuchten, „unsere Werte und Rechte gegen uns zu verwenden“.
Debatte über Auslegung der Konvention
Die Auslegung des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs (EGMR) habe in einigen Fällen die Fähigkeit eingeschränkt, die demokratischen Gesellschaften und die Bevölkerung vor den heutigen Herausforderungen zu schützen, betonen die Unterzeichner.
Der offene Brief geht nach Angaben aus dem Bundeskanzleramt zurück auf eine Initiative der dänischen Ministerpräsidentin Mette Frederiksen und der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und wird neben Bundeskanzler Stocker von den Regierungschefs aus Belgien, Tschechien, Estland, Lettland, Litauen und Polen unterstützt.